Katharina Schlieper / Vollsackstr. 6 , 01309 Dresden / Tel.: 0351-310 12 34 / beratung@mandala-dresden.de

Das Wertvollste im Leben ist die Entfaltung der Persönlichkeit und ihrer schöpferischen Kräfte.
Albert Einstein

 

Assagioli

AssagioliDr. Roberto Assagioli (* 27.2.1888 in Venedig, + 23.08.1974 in Capolona)

Roberto Assagioli war ein stiller Pionier der Psychotherapie.
Er entwickelte die PSYCHOSYNTHESE als einen Weg der Persönlichkeitsentwicklung und als ein Modell des Menschen, das Körper, Geist und Seele umfasst.

Ausschnitte der von ihm entwickelten Methode, wie bspw. die Arbeit mit "Teilpersönlichkeiten", sind von späteren psychotherapeutischen Schulen als Idee übernommen worden, jedoch ohne Assagioli namentlich zu nennen, ohne sich auf ihn zu beziehen oder ihn, bzw. seine Arbeit zu würdigen. Er selbst war zu bescheiden, seine Methode als "persönliches Verdienst" anzusehen und verzichtete daher darauf, sie zu lizensieren. Da er sich als inspiriert von einer universalen schöpferischen Kraft empfand, sah er seine Ergebnisse als ein Geschenk des Universums für die ganze Menscheit an.

Auch war es durchaus in seinem Sinne, dass die "Psychosynthese" von folgenden Generationen weiterentwickelt werden möge, da er für die von ihm entwickelte Methode eine bereits gegebene Vollkommenheit nicht in Anspruch nahm. Dennoch bleibt ihm das Verdienst, ein Modell geschaffen zu haben, mit dem es möglich ist, Stolpersteine, Barrieren und Blockaden aus der Tiefe unseres Unbewussten zu erkennen, zu wandeln und in unser Bewusstsein zu integrieren, um das schöpferische Potential, das in jedem Menschen verborgen liegt, mehr und mehr zur Entfaltung bringen zu können.

Assagioli, bzw. seine Schüler David Bach und seine Schülerin Karin Golubarsch u.a., die mir die Psychosynthese vermittelten, gehören zu meinen wichtigsten Lehrern für meine Begleitung von Menschen und Organisationen. Seine Methode bildet bis heute das Grundgerüst meiner Arbeit, auch wenn ich es um vielfältige Elemente aus der Systemischen Beratung, Therapie und Supervision bereichert und, ganz im Sinne Assagiolis, verbunden habe. Die Erfahrung meiner jahrzehntelangen Begegnungen mit Menschen (und Organisationen), die durch diese Methode wertvolle Erkenntnisse und Veränderungen als sehr bereichernd empfanden, löst tiefe Dankbarkeit in mir aus.  Daher möchte ich mit diesem Beitrag Dr. Roberto Assagioli danken, und vor allem die Erinnerung an ihn und sein Werk wach halten und würdigen.

Pionier und Humanist

Sein Ansatz ist zutiefst humanistisch.

Ab 1910 wies Assagioli auf die Begrenzungen der am Anfang des 20. Jahrhunderts entstandenen psychoanalytischen Konzepte hin: Solange der Mensch nur verstanden würde als ein Wesen, das durch seine biologischen Triebe bestimmt sei, könne er nicht in seinem ganzen Potential, als eine Ganzheit gesehen werden.

Assagiolis Anliegen war, eine wissenschaftliche Psychologie zu entwickeln, die die Realität der Seele anerkennt, d.h., auch die spirituellen Aspekte ebenso einbezieht wie die vitalen Bedürfnisse.

Spirituelle Aspekte des Mensch-Seins  sind bspw.:

  • Freude
  • Einsicht
  • Gelassenheit
  • Sinn
  • Weisheit
  • Achtsamkeit
  • Erfüllung
  • Mut
  • Zusammenarbeit
  • Kreativität
  • GeduldLiebe
  • Humor
  • Dankbarkeit
  • Friede / Stille
Assagioli ging bereits davon aus, dass es die Sehnsucht nach der Erfüllung ihrer menschlichen Bedürfnisse sei, die Menschen zu Lösungswegen bewegte, auch wenn diese aufgrund unbewusster Aspekte oft nicht zielführend sind und andere Wege sinnvoller wären.

Teilpersönlichkeiten 

Assagioli war einer der ersten, vielleicht sogar der Erste, der mit dem Modell von „Teilen“ der Persönlichkeit arbeitete, die er „Teilpersönlichkeiten“ nannte.

Spätere Ansätze in der Hypnotherapie (Milton Erickson) oder andere Richtungen arbeiten bis heute mit dem Modell von „Seiten“, auch „Ego-States“ genannt. Es gilt heute durch die neurobiologische Forschung als gut belegt, dass optimale Lösungen in allen Bereichen, sei es persönlich oder in Organisationen, nur unter Berücksichtigung beider Ebenen zu erreichen sind: dass es für eine tragende, stimmige Lösung wesentlich ist, sowohl das bewusste Denken als auch die unbewussten Ebenen der verschiedenen "Seiten" zu beachten und einzubeziehen.

Assagiolis Name und sein psychologisches, philosophisches Konzept der Psycho-Synthese, das Ausdruck eines ganzheitlichen Weltbildes ist, sind nahezu in Vergessenheit geraten. Ihm zu Ehren sei der von ihm entwickelten Methode, die bis heute ausgezeichnete Ergebnisse bewirkt, hier ein würdiger Platz gegeben.

Er verstand sein Modell als Ausdruck eines humanistischen Weltbildes, das alle Formen von Lebendigen einbezieht, das wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Medizin, der Psychologie und der Weisheitslehren der Völker zusammenfügte.

Sein Anliegen war getragen von einem Menschenbild, das den Menschen über seine biologische Prägung hinaus in einen größeren Rahmen der persönlichen Wahl und der Übernahme von Verantwortung einband. Diesen wiederum jedoch in eine noch umfassendere, spirituelle Verbundenheit, die alles Lebende umfasst.

Mit diesem Anliegen reiht er sich ein in die großen humanistischen Denker, Philosophen und Wissenschaftler, die vor und nach ihm der Vision der Verantwortung für gelingendes Leben gefolgt sind. Sein Zeitgenosse Albert Schweitzer (1875-1965) benennt es in seiner Lebensethik in berührender Weise folgendermaßen:

„Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.“

Ausgleich der Polaritäten in uns

Ein Schwerpunkt seiner Arbeit lag in der Bedeutung, die Assagioli dem Ausgleich von Polaritäten gab. 
Er ging davon aus, dass die meisten unserer Teilpersönlichkeiten in ihrer Polarität auftreten, bspw:
  • die Freudevolle – die Traurige
  • die Unruhige - die Ruhige / Ausgeglichene
  • die Denkende – die Fühlende
  • die Gewärmte/ Gebende – die Frierende / Einsame.

Hirnforschung

In Erkenntnis der aktuellen Forschungsergebnisse des Hirnforschers Gerald Hüther u.a. können wir ein wesentliches Paar als Ausdruck unserer beiden polaren menschlichen Grundbedürfnisse hinzufügen:
  • die Verbundene - die Autonome.
Hüther beschreibt die zentrale Funktion dieses Bedürfnis-Paares sinngemäß folgendermaßen:

Menschliche Grundbedürfnisse

Es sind unsere Erfahrungen, die unser Leben prägen.

Mehr noch als die Erfahrungen selbst ist es die Art, wie wir diese Erfahrungen bewerten, welche Rückschlüsse wir für unser Bild auf die Welt, auf uns und andere Menschen aus ihnen ziehen.

Eine ähnliche Erfahrung kann von unterschiedlichen Persönlichkeiten sehr verschieden gedeutet werden: der einen bedeuten sie eine Katastrophe, die einen Rückzug aus der Welt zur Folge hat, dem anderen als ein Motor zur Überwindung von Hindernissen, mglw. auf kämpferische Weise.

Es gibt jedoch zwei prägende Erfahrungen, die alle Menschen auf der Welt, egal, wo sie leben, in sich tragen:

In den Monaten ihres (biologischen) Werdens, machen alle Menschen vorgeburtlich dieselbe prägende Erfahrung, zutiefst mit einem anderen Menschen verbunden zu sein. Wie alle tiefen Erfahrungen prägen sie sich in unser Unbewusstes ein. Wir tragen sie als Erwartung, als Sehnsucht, als Bedürfnis in uns.

Zeitlebens werden wir das Bedürfnis nach Verbindung mit anderen Menschen in uns tragen - es ist eines unserer zentralen Grundbedürfnisse des Menschen.

Das andere, eng damit verbunden, ist die vorgeburtliche Erfahrung der steten Veränderung.

Jeden Tag wächst der kleine Körper ein winziges Stück, die vorgeburtlichen Monate sind eine Zeit der unentwegten Veränderung und Vervollkommnung (auf der biologischen Ebene) zu einem Lebewesen, das ausserhalb des schützenden Mutterleibes zu leben beginnen kann. 

Was auf der biologischen Ebene als Grunderfahrung in uns entstand, erfährt nach der Geburt eine stete Ausweitung auf emotionale und geistige Bereiche.

Zeitlebens sind wir auf dem Weg der Veränderung, des Wachsens über uns hinaus, des Lernens und der Suche nach Verbindungen, Beziehungen zu anderen Menschen.

Verbundensein und Autonomie

Zeitlebens bleibt uns auch die Aufgabe, unser Bedürfnis nach Verbundenheit mit anderen und unser Bedürfnis nach Selbstentfaltung und Autonomie in unserem Leben in eine sinnvolle und sozial verträgliche Balance zu bringen.

Niemand ist glücklich, wenn er eine Beziehung nur um den Preis des Zurückhaltens ihm wesentlicher Persönlichkeitsseiten erlebt, weil diese keinen Platz in der Beziehung finden und niemand kann ein erfülltes Leben führen, der mit Gewalt die eigenen Ansprüche durchzusetzen versucht, weil ihm die Empathie für andere fehlt, er selbst Mitgefühl und Verständnis nicht erfahren konnte oder sie ihm durch schmerzvolle Erlebnisse verloren gegangen ist.

Hirnforschung & Psychosynthese 

Es ist die sinnvolle Verbindung beider Aspekte, die uns Erfüllung erleben lässt: In liebevoller Beziehung uns aufgehoben, angenommen fühlen, auch unterstützt in dem Streben, etwas zu leisten, uns zu zeigen und dafür anerkannt zu sein. Um dies optimal entwickeln und entfalten zu können, braucht es - wie Assagioli dies nennt - Mitgefühl und die Fähigkeit, etwas zu verwirklichen. 

Und so ist das für Assagioli wesentliche Polaritätspaar bei der Entwicklung unserer Persönlichkeit, das diese beiden Aspekte Verbundenheit-Autonomie erst ermöglicht:

Liebe und Wille

Diese beiden Qualitäten in uns in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen, war für Assagioli die Voraussetzung für ein gelingendes Leben in der Fähigkeit, sich selbst und die Mitwelt liebevoll anerkennend wahrzunehmen, sich achtungsvoll zu begegnen und zugleich die Kraft des Willens zu schulen, Vorhaben auch zu verwirklichen.

Solange eine dieser beiden Qualitäten auf Dauer überwiegt, wird ein Mensch mit unendlicher Liebe im Herzen, aber fehlender Tatkraft ebenso wenig Gutes bewirken können wie ein willensstarker Mensch, dem es jedoch an Güte und Geduld seinen Mitmenschen gegenüber mangelt. Wie in allem ist es das Gleichgewicht, die Ausgewogenheit und das ausbalancierende Zusammenspiel der polaren Qualitäten in uns, was uns zu einem kraftvollen Einsetzen unseres Potentials zum eigenen Wohl und zum Wohle aller befähigt.

Balance

Assagioli entwickelte Wege für das Erreichen dieser Balance, die die Entfaltung des Potentials des Menschen sowohl in dessen persönlichen Zusammenhängen (personal) als auch über das Persönliche hinausgehende (transpersonal) anstrebte.

Er folgte der Idee der Psychosynthese, d.h. des Zusammenfügens aller Facetten (Teilpersönlichkeiten) einer Persönlichkeit zu einem harmonischen Ganzen, mit dem Ziel, das eigene Leben bestmöglich selbst gestalten zu können zum eigenen Wohl und zugleich sein Potential zum Wohl der Gemeinschaft einzusetzen, ja zum Wohl der ganzen Menschheit wirken zu können.

Seine Vision war die Psychosynthese jedes einzelnen Menschen ebenso wie die Psychosynthese der Menschheit im Bewusstsein der Kostbarkeit und der Verantwortlichkeit der Menschen für das Erhalten unseres Planeten Erde. Bis heute jedoch beschreibt seine Erkenntnis das Dilemma unseres derzeitigen Bewusstseins:

"Eine der Hauptursachen des heutigen Durcheinanders ist der Mangel an Liebe auf Seiten derer, die Willen haben, und der Mangel an Willen bei jenen, die gut und liebevoll sind."

aus: Roberto Assagioli, Die Schulung des Willens

Sinnerfüllt
Leben & Arbeiten

Sich gemeinsam mit
anderen austauschen

Unterschiede als
Bereicherung erleben

Freude am Lernen
miteinander schätzen

„Fehler“ als Chance
sehen, es anders
neu zu beginnen

Für Polaritäten ein
Gleichgewicht finden

Lächeln
Zuversicht
Balance
Ermutigung
Inspiration
Intuition
Wandel

Struktur
Prozess
Würde
Ziel